Fragen und Vermutungen
Wie kann die Anlage kulturgeografisch und zeitlich/geschichtlich verortet werden? Welche sozialen Bezüge weist diese Anlage auf? Wie hat man sich die Anlage in ihrem Originalausbau vorzustellen?
Aufträge und Lernaktivitäten
- Sucht auf dem ausgelegten Zeitstrahl möglichst genau die Epoche, welche zu diesem archäologischen Fundort passen könnte. Welche Bauwerke, die ihr kennt, gehören auch in diese Epoche?
- Überlegt euch: Welche Menschen haben früher diesen besonderen Ort genutzt? Notiert in Stichworten alle möglichen Nutzerinnen und Nutzer dieser Burg. Überlegt, welche Aufgaben diese Leute auf der Burg zu erfüllen hatten.
- Welche Tiere hat es auf der Burg gegeben? Wofür brauchte man sie?
- Wer versorgte die Burg mit Nahrung?
Anregungen für ein Klassengespräch
Warum und wozu wurde diese Burg errichtet?
Die Burg Ringgenberg wurde hier erbaut, weil sie strategisch günstig an dem wichtigen Verbindungsweg – sowohl auf dem Land wie auf dem See – zwischen Brienz und Interlaken liegt.
Sie wurde vom mächtigsten Ritter der Region, dem Reichsvogt Cuno von Brienz, errichtet. Seine Burg wurde zum Mittelpunkt der Herrschaft der Freiherren von Ringgenberg, welche von Meiringen bis zum Rand des «Bödeli» zwischen Thuner- und Brienzersee reichte.
Die Burg diente der hochadligen Ritterfamilie als Wohnsitz und als Verwaltungszentrum.
Warum an dieser Stelle?
Die Burg wurde an einem sehr gut ausgewählten Platz errichtet: Sie liegt von weither sichtbar und geschützt auf dem felsigen Hügel direkt am Brienzersee und konnte so auch per Schiff erreicht werden. Die Burg repräsentierte auch die weltliche (adlige) Macht für die weite Umgebung und hob sich von den einfachen, ländlichen Holzbauten stark ab. Vergleichbar waren grössere sakrale Bauten, wie das nahegelegene Augustinerchorherrenstift von Interlaken, welche die Macht der Kirche repräsentierten.
Wer hat diese Burg gebaut?
Da die Errichtung einer solchen Anlage in der Planung und Durchführung der Bauarbeiten sehr anspruchsvoll war, bedurfte es verschiedener und erfahrener Fachleute: eines gut ausgebildeten Architekten/Baumeisters, des sogenannten magister operis, und eines professionellen Bautrupps, welcher Erfahrung im Errichten einer grossen und in der Gestaltung komplexen Burg hatte.
Welche Spezialisten (Handwerker) brauchte es dazu?
Dazu gehörten ausgebildete Maurer, Steinmetze, Schmiede, Zimmerleute, Ziegler, Ziegel- und Kalkbrenner sowie Dachdecker.
Weiter benötigte man viele Hilfskräfte aus der Gegend, welche das Baumaterial beschaffen mussten. Anzunehmen ist, dass die körperlich schwersten Arbeiten, insbesondere das Brechen und Herbeischaffen der Bruch- und Geröllsteine, von ansässigen Männern mithilfe von Ochsenkarren erledigt wurden.
Ebenso bedurfte es einer beachtlichen Menge an Bau- und Brennholz, welches in den umgebenden Wäldern geschlagen, gerüstet, hergeschleift oder -geflösst wurde. Es diente als Bauholz für Gerüste, Lehrbögen für Gewölbekonstruktionen, für Holzdecken und für die verschiedenen Dachstühle. Zur Herstellung von Mauermörtel und Verputz wurde mittels Brennholz Kalk gebrannt.
Zur Verpflegung der vielen Arbeitenden sorgten Köche und Mägde. Die Nahrungsmittel lieferten die Dörfer, welche zum Burgbesitz gehörten.
Wer lebte in der Burg?
Als Stammsitz des hochadligen Ritters lebte er sicher selber mit seiner Familie hier. Zum alltäglichen Betrieb der Burg gehörten Bedienstete, wie Kammerzofen, Mägde für die Alltagsarbeiten, Knechte zum Pflegen der Pferde und Soldaten zum Bewachen der Burg und zum Schutz der Adelsfamilie.
Warum ist diese Anlage heute eine Ruine?
Als der Adlige Petermann von Ringgenberg 1378 die Herrschaft Ringgenberg-Brienz antrat, versuchte er, die schlechte Finanzlage durch eine Steuererhöhung zu verbessern. Dies führte zu einem Aufstand, in dessen Folge 1381 die Burg Ringgenberg zerstört wurde.
Petermann fehlten danach die Mittel zum Wiederaufbau der Burg. Er zog nach Thun und schloss zum Schutz seiner Herrschaft ein Burgrecht mit Bern ab, das seine Territorialansprüche im Oberland sichern konnte.