Das gallo-römische Theater auf der Engehalbinsel bei Bern wurde 1956 beim Bau der Matthäuskirche gefunden. Dieses Theater hat eine Form, wie man sie sonst vor allem bei römischen Amphitheatern antrifft: Die Arena, der ebene Platz, ist fast oval. Auf der heutigen Böschung befand sich wahrscheinlich eine Holzkonstruktion mit acht Sitzreihen, die ungefähr 1500 Zuschauerinnen und Zuschauern Platz bot. Im Theater wurden lustige wie auch traurige Theaterstücke aufgeführt. Sehr gut möglich ist aber auch, dass Gladiatoren gegen gefangene Wildtiere der Gegend kämpften oder dass man Hähne aufeinander loshetzte.
Vorgehen
Vorbereitung
Bezug heute – früher
Auch heute sind Theater beliebte Orte für die Darbietung von Schauspielen, Tanz, Konzerten und Opern. Neben dem klassischen Theater gibt es heute auch das Kino. Für Sportveranstaltungen und Wettkämpfe werden Stadien, Arenen oder Sporthallen genutzt. Im Sommer finden, auf speziell für diesen Zweck aufgebauten Bühnen, Open-Air-Konzerte statt. In einigen Ländern gibt es sogar noch (illegale) Stier-, Hunde- und Hahnenkämpfe.
Themen, die vorgängig behandelt werden können
Damit Schülerinnen und Schüler die zu besuchende Fundstelle ergiebiger erkunden, erschliessen und auch begreifen können, ist es sinnvoll, vorgängig folgende Themen im Unterricht zu beleuchten:
Theater:
Typischer Aufbau/Form/Architektur: Wie sehen römische Theater aus?
Publikum in römischen Theatern: Für wen wurden Theater errichtet? Wer konnte Theater besuchen?
Nutzung: Was wurde in den Theatern aufgeführt? Welche Art von Theaterstücken wurden präsentiert?
Arena:
Typischer Aufbau/Form/Architektur: Wie sehen römische Arenen aus?
Publikum in römischen Theatern: Für wen wurden Arenen errichtet? Wer konnte Arenen besuchen?
Nutzung: Was wurde in Arenen aufgeführt? Welche Art von Darbietungen wurden präsentiert?
Gladiatoren: Was machten diese speziell geschulten Kämpfer? Gegen wen traten Gladiatoren an?
Mit welchen heutigen Kampfsportarten können Gladiatorenkämpfe verglichen werden?
Tierhatzen: Welche Tiere wurden in römischen Arenen zur Unterhaltung vorgeführt und bekämpft?
Hilfreiche Lehrmittel
Zur Vorbereitung und selbständigen Vertiefung der gallo-römischen Zeit kann das Römerlexikon genutzt werden. Darin finden Schülerinnen und Schüler ausführliche, stufengerechte Texte sowie ergiebiges Bildmaterial und können Vergleiche mit heute herstellen.
Weiterführend
Der Verein Pro Brenodor organisiert regelmässig archäologische Führungen und Veranstaltungen unter anderem für Schulen.
1. archäologische Spuren forschend wahrnehmen
Fragen und Vermutungen
Wo befinden wir uns? Wie ist der Ort in der Landschaft eingebettet?
Aufträge und Lernaktivitäten
- Bevor ihr mit dem Erkunden beginnt, schaut auf der Landkarte nach, wo ihr euch jetzt befindet und sucht den Standort der Ruine: Vielleicht gibt es sogar eine Bezeichnung oder einen Namen, welcher zu ihr gehört! Wie heisst der Ort? Was fällt euch auf, wenn ihr den Verlauf der Aare betrachtet?
- Betrachtet das Flugbild und sucht darauf die Ruine. Seht ihr sogar, wo ihr euch jetzt gerade befindet?
- Sucht den höchstgelegenen Ort und betrachtet von dort aus die Anlage nach allen Seiten. Hier könnt ihr ein Foto aufnehmen, das die ganze Ruine zeigt. Anschliessend könnt ihr Details der Anlage fotografieren, die euch auffallen.
2. archäologische Spuren handelnd erschliessen
Fragen und Vermutungen
Was ist da zu sehen? Was nehmen wir hier Besonderes wahr? Welche Spuren sind im Gelände erkennbar? Welche Materialien (Steine, Backsteine, Scherben, Tonplatten, Holz und so weiter) sind auf dem Platz auffindbar? Sind besondere Zusammenhänge feststellbar?
Aufträge und Lernaktivitäten
- Schaut euch die Anlage genau an und zeichnet einen Plan davon. Das heisst, so wie ihr die Anlage sehen würdet, wenn ihr darüberfliegen könntet!
- Schreitet jetzt rings über die Böschungen und geht danach auf den Platz in der Mitte. Messt mit Schritten die Länge und die Breite ab und notiert die Schrittzahl in euren Plan:
Länge (L) ….. Schritte
Breite (B) ….. Schritte - Ihr könnt den Platz jetzt noch genau vermessen. Dazu braucht ihr das Messband. Tragt auch hier die Massangaben auf euren Plan ein. Vergleicht eure Schrittangaben mit den Metermassen!
- Vermesst insbesondere auch die Dicke und die Höhe der Mauern.
- Schaut euch die Ruine genau an: Erkennt ihr Teile, die sicher nicht natürlich, sondern von Menschen geformt/gebaut worden sind? Fotografiert diese und tragt Nummern auf eurem Plan ein, wo sie sich befinden.
- Untersucht das Baumaterial: Notiert und zeichnet, was ihr seht. Beobachtet genau, wie die Steine vermauert sind. Fotografiert interessante Details!
3. archäologische Spuren deuten
Fragen und Vermutungen
Welchem Zweck könnte die Anlage gedient haben? / Wer hat sie gebaut? Welche Spezialisten (Handwerker) haben hier gewirkt? Woher stammen die Baumaterialien? Wie lange hat es wohl gedauert, bis die Anlage erbaut/erstellt war? Wie alt könnte die Anlage sein? Scheint alles gleich alt zu sein?
Aufträge und Lernaktivitäten
- Die Begrenzungsmauer der ovalen Arena hat an zwei gegenüberliegenden Stellen Auffälligkeiten. Wozu könnten sie gedient haben?
- Überlegt euch folgende Fragen für das anschliessende Gespräch: Wozu wurde die Anlage wohl genutzt? Wer hat diese Anlage bauen lassen? Wer könnte den Auftrag dafür erteilt haben? Welche Spezialisten (Handwerker) brauchte es dazu? Woher wurden die Baumaterialien hergeholt? Wie lange hat es wohl gedauert, bis die Anlage fertig erbaut war? Wer hat hier gelebt / gehandelt?
- Setzt euch jetzt mit anderen Schülerinnen und Schülern zusammen. Zeigt einander eure Skizzen. Besprecht und begründet gemeinsam die gestellten Fragen.
4. archäologische Spuren bewerten
Fragen und Vermutungen
Wie kann die Theaterarena kulturgeschichtlich erfasst und verortet werden? Welche sozialen Bezüge sind mit dieser Anlage verbunden? Wie hat man sich die Anlage in ihrem Originalausbau vorzustellen?
Aufträge und Lernaktivitäten
- Sucht auf dem Zeitstrahl möglichst genau die Epoche, welche zu diesem archäologischen Fundort passt.
- Nehmt die Rekonstruktionszeichnung und vergleicht sie mit eurer Skizze und mit der Ruine: Stellt fest, was vom einstigen Bau heute noch vorhanden und was alles rekonstruiert worden ist! Ihr könnt die originalen Teile grün, die ergänzten rot markieren!
- Überlegt euch: Wie haben die Menschen früher die Anlage genutzt? Was haben sie dort gemacht? Welche Bedeutung hatte sie für die Bevölkerung?
- Hört euch jetzt die Erzählung an! Merkt euch dabei, was ihr nicht verstanden habt oder was ihr am Schluss fragen wollt. Im Klassengespräch könnt ihr euch austauschen. Nehmt für die Beantwortung der Fragen das Glossar zu Hilfe.
- Sucht Bilder von ähnlichen Ruinen (etwa im römischen Lexikon, Stichwort: Theater/Amphitheater) und vergleicht sie miteinander: Findet ihr dabei Ähnlichkeiten und Unterschiede? Beschreibt sie in Stichworten.
- Gibt es heute noch ähnliche oder sogar gleiche Bauten? Welche Unterschiede und welche Gemeinsamkeiten könnt ihr feststellen!
weiterführend
Vertiefung vor Ort
- vorbereitete Theaterszenen vorführen,
- vorbereitete Gladiatorenkämpfe aufführen (im «Zeitlupenmodus» zur Verhinderung von Unfällen),
- sich als Gallo-römerinnen/ Gallo-römer verkleiden und eine kleine «Modeschau» machen (mit farbigen und weissen Tüchern, Sandalen, Schmuckspangen und so weiter).
Vertiefung im Schulzimmer
- Poster mit vorhandenen Skizzen, Fotografien, Plänen und eigenen Texten zusammenstellen und präsentieren,
- Theatermodell in Sandkasten nachbauen und mit der Tempelanlage ergänzen,
- Individuellen Exkursionsbericht mit vorhandenen Skizzen, Fotografien, Plänen und eigenen Texten verfassen.
In der näheren Umgebung
Vor oder nach der Erkundung der Theaterruine ist der Besuch der Schauvitrine des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern empfehlenswert (vis-à-vis Kirche). Sie zeigt verschiedene Originalfundstücke zu Brenodor und wird mit thematisch spezifischen Infotafeln ergänzt. Eine Schautafel zum «Keltenwall» (südlich angrenzend an das Theater) liefert Informationen dazu und führt zur nächsten archäologischen Fundstelle, nämlich zum Keltenwall, seiner Konstruktion, seiner Aufgabe und Weiterverwendung als Substruktion des gallo-römischen Theaters.
Der Besuch der gallo-römischen Therme im angrenzenden Reichenbachwald ist sehr zu empfehlen. Siehe dazu die Unterlagen zu: «Therme von Brenodor».
Mitnehmen
- Bleistift, Radiergummi und Notizheft
- Landkarte, Flugbild, Kartenausschnitte (ausgedruckt)
- Fotoapparat
- Messband/Doppelmeter
- Zeitstrahl (ausgedruckt)
- Rekonstruktionsbild (ausgedruckt)
- Erzählung (als Audio)
- Bilder ähnlicher Ruinen (ausgedruckt)
- eventuell Verkleidungsutensilien (weisse Tücher, Sandalen, Schmuckspangen und so weiter)
Bilder
Download
Luftbild Swisstopo
Kartenausschnitt Swisstopo
Flugbild Engehalbinsel
Informationstafeln
Rekonstruktionsbild
Kommentar zur Rekonstruktion
Zeitstrahl
Anreise
Das Theater befindet sich bei der Reichenbachstrasse 112, 3004 Bern. Von Bern, Hauptbahnhof mit der S8 oder S9 bis Haltestelle Bern, Tiefenau (1), danach etwa 10 Minuten zu Fuss bis zum Durchgang zwischen Matthäuskirche und Schulhaus, wo sich eine kleine Ausstellung zu eisenzeitlichen und römischen Funden befindet (2), dann die Treppe hoch zum Theater (3). (zum Fahrplan)
CC-BY-SA
Konzept: ADB und PHBern
Didaktische Überlegungen, Text: Martin Furer und Pascal Piller, PHBern
Wissenschaftliche Inhalte, Korrektorat: Andrea Lanzicher und Christine Felber, ADB
Titelbild: Martin Furer