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Emmental - Oberaargau Mittelalter

Burgruine bei Melchnau

Der Schlossberg von Melchnau erhebt sich dicht hinter der Dorfkirche. Er umfasst mit den Überresten der Burgruinen Grünenberg und Langenstein einen ausgedehnten Burgenkomplex auf engstem Raum – ein Brennpunkt des mittelalterlichen Adels im Oberaargau. Der folgende Exkursionsvorschlag konzentriert sich auf die Burgruine Grünenberg, deren Reste am besten erhalten und erschlossen sind.

Vorgehen

Bezug heute – früher

Befestigte Paläste: Aus praktisch allen Epochen und Kulturen der Welt sind befestigte und damit wehrhafte Anlagen bekannt. Viele davon dienten auch der Machtdemonstration und Repräsentation.

Was früher für Adel und Kirche – insbesondere für den Lokal- und Hochadel und die Königshäuser – bestimmt war, findet sich heute beim Geldadel: Wir denken hier an die hochgesicherten Villenanlagen der Superreichen. Aber auch weniger luxuriöse Privathäuser besitzen oft fast unüberwindbare Mauern und Zäune. Waren im Mittelalter Krieger für die Sicherheit zuständig, sind es heute private Wachleute oder hochsensible, elektronische Überwachungssysteme.

Militärische Festungen: Heutige Festungen sind oft unterirdisch angelegt und den Schülerinnen und Schülern meist unbekannt, da sie kaum sichtbar und für die Öffentlichkeit auch nicht zugänglich sind. Möglicherweise kennen die Schülerinnen und Schüler jedoch aufgegebene Festungsanlagen, beispielsweise Bunkeranlagen aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, welche museal konserviert sind und besichtigt werden können. Ebenfalls wird im Zusammenhang von aktuellen Konflikten immer wieder über Bunkeranlagen gesprochen und Bildmaterial davon gezeigt.
Für diese Thematik interessieren sich die Schülerinnen und Schüler im Allgemeinen stark. Der Transfer «heute – früher», von heutigen hochgesicherten Anwesen/Bunkern zu befestigten Burganlagen, ist deshalb vielversprechend.

Bodenbeläge: In öffentlichen und privaten Bauten werden Böden aus hygienischen Gründen seit Jahrtausenden in verschiedenen Varianten eingebaut und befestigt. Seit der Antike kennen wir Stampflehm, Holz-, Mörtelguss- und Plattenböden. Im Hochmittelalter wurden sowohl in sakralen wie auch in profanen Bauten zunehmend wieder Bodenbeläge aus Kalkmörtel eingebaut. Weit kostbarer waren jedoch Tonplattenbeläge oder sogar Steinplattenböden. Die in der Antike geläufigen luxuriösen Mosaiken wurden im Mittelalter nur sehr selten angelegt.

In heutigen Räumen kennen wir eine sehr reichhaltige Palette von Bodenbelägen: Betonböden werden in Wohnräumen mit Holzriemen, Parketten und verschiedenen Spannteppichen oder Kunststofflaminaten belegt. Daneben finden sich Terrazzoböden wie auch eine Vielzahl von Ton- und Kunststofffliesen.

Der Transfer «heute – früher», von der Vielzahl heutiger Bodenbeläge hin zum mittelalterlichen Tonplattenboden der Ruine Grünenberg ist deshalb empfehlenswert, weil sich die Schülerinnen und Schüler mit einer Materie aus ihrem eigenen Lebensumfeld auseinandersetzen können.
Die Frage nach «Luxusvarianten» von Belägen könnte auch in einem Spezialgeschäft für Bodenbeläge beantwortet werden.

Themen, die vorgängig behandelt werden können

Damit die Schülerinnen und Schüler den Lernort ergiebiger erkunden, erschliessen und auch begreifen können, kann es Sinn machen, vorgängig die Thematik «Alltag in einer mittelalterlichen Burg» im Unterricht zu beleuchten. Dazu eignet sich besonders das interaktive Bild aus dem IdeenSet «Alltag im Mittelalter»: Selbstlernend können hier die Schülerinnen und Schüler eine Burganlage erkunden und sich das nötige Wissen aneignen.

Im Zusammenhang mit dem bedeutenden Zisterzienserkloster St. Urban, von dem die dekorierten Tonplatten in der Ruine Grünenberg stammen, ist dieses interaktive Bild zum Kloster zu empfehlen. Hier wird ein Zisterzienserkloster im Mittelalter vorgestellt. Die Schülerinnen und Schüler können sich ein gutes Bild machen, wo beispielsweise solche Tonplatten damals hergestellt wurden.

Fragen und Vermutungen

Wo befinden wir uns? Wie ist der Ort in der Landschaft eingebettet? Was erkennen wir?

Aufträge und Lernaktivitäten

  1. Bevor ihr mit dem Erkunden beginnt, schaut zusammen auf der Landkarte nach, wo sich die Burgruine Grünenberg befindet.
  2. Betrachtet jetzt das Flugbild und sucht darauf die Ruine.
  3. Vergleicht den Kartenausschnitt mit der Flugaufnahme: Was ist für eure Orientierung hilfreicher?
  4. Was könnt ihr zur besonderen Lage der Burg sagen?
  5. Wählt den geeignetsten Standort, von wo aus ihr einen möglichst guten Überblick über die Burganlage gewinnt, und betrachtet diese. Von hier könnt ihr eigene Fotos aufnehmen. Sie dienen euch später für eure Exkursionsdokumentation oder für eine Präsentation.

Fragen und Vermutungen

Was ist da zu sehen: Wo genau wurde diese Anlage errichtet? Welche Gebäudeteile, die zur Burg gehören, sind noch gut erkennbar? Welche weiteren Spuren sind im Gelände erkennbar? Sind besondere Zusammenhänge feststellbar?

Aufträge und Lernaktivitäten

Übersicht über die Burgruine Grünenberg gewinnen

  1. Nehmt den Burgplan und sucht euren momentanen Standort. Bezeichnet ihn mit einem Sternchen.
  2. Benutzt einen Kompass, sucht den Nordpfeil auf dem Plan und richtet diesen genau aus. So könnt ihr euch jetzt präziser orientieren.
  3. Umrundet die Ruine zuerst von aussen. Sucht euch einen guten Standort aus, von wo aus ihr eine möglichst detaillierte Skizze der Ruine machen könnt. Ihr könnt dabei Detailfotos machen.
  4. Was sind die drei auffälligsten Merkmale zur Lage dieser Burgruine? Notiert sie.
  5. Jetzt geht über den neuen Steg in den Burghof. Vergleicht euren jetzigen Standort mit dem Plan und bezeichnet diesen wieder mit einem Sternchen.
  6. Sucht die Gebäudereste und schaut auf dem Plan nach, welche Funktion diese früher hatten und wie man sie benennt.
  7. Das moderne Gebäude mit dem Kupferdach hat eine besondere Funktion. Benennt diese.

Das Mauerwerk unter die Lupe nehmen

  1. Schaut euch die Mauern an verschiedenen Stellen der Ruine genau an: Erkennt ihr, wie die Steine verlegt und vermauert worden sind? Gibt es Unterschiede? Wisst ihr gar, wie die verwendeten Steine heissen?
  2. Findet ihr spezielle Bearbeitungsspuren? Fotografiert diese.
  3. An welchen Mauerteilen haben sicher Steinhauer gearbeitet, welche wurden von Maurern gemacht?
  4. Wo findet ihr moderne Spuren der Restaurierungsarbeiten? (Arbeiten, die zur Sicherung der Burgruine durchgeführt wurden.) Was hat man dabei verwendet?
  5. Zeigt sie einander und besprecht eure Beobachtungen und Meinungen.
  6. Sucht die Stelle, wo die Metallbrücke auf der Mauer aufliegt, beim Eingang zur Burgruine (siehe Bild). Betrachtet die verschiedenen Spuren bei der Mauer, die Menschen hinterlassen haben. Besprecht miteinander, welche wohl die ältesten, welche die jüngsten sind.
  7. Streicht über die Sandsteinwand und spürt, was an den Fingern haften bleibt. Ihr erkennt auch, dass es verschiedene Schichten im Sandstein hat. Diese entstanden vor über 5 Millionen Jahren. Die Sandsteinfelsen hier sind versteinerte Sandbänke aus Urflüssen und -seen. Sucht beim Erkunden der Ruine weitere Sandsteinstellen. Findet ihr Bearbeitungsspuren der mittelalterlichen Arbeiter? Fotografiert diese.

Der Tonplattenboden aus St.-Urban-Backsteinen in der ehemaligen Burgkapelle

Information für Lehrperson
Dieser an originaler Stelle erhaltene Tonplattenboden ist schweizweit einzigartig. Er ist deshalb so besonders, weil die Platten die für das Zisterzienserkloster von St. Urban typischen Modeldekorationen tragen. Ihre fantasievolle Vielfalt kann anhand weiterer museal präsentierter Fundstücke beim Schutzbau genau betrachtet werden.

Die St.-Urban-Backsteine
Die Backsteine des Zisterzienserklosters St. Urban im heutigen Kanton Luzern gehören zu den eindrücklichsten Beispielen der Backsteinproduktion im 13. Jahrhundert. Einzigartig an dieser Produktion aus der Klosterziegelei des 13. Jahrhunderts sind die grossen Formate, bei denen Quader mit Massen von 45 cm × 30 cm × 25 cm keine Seltenheit sind, und ihre Verzierung mit Modeldrucken, welche in der Reichhaltigkeit und Qualität kaum übertroffen wurden. Die Produkte der Klosterziegelei waren sehr beliebt und gefragt und wurden für sakrale und profane Bauten verwendet: So wurden zahlreiche Kirchen, wie Madiswil und Lotzwil, oder Burgen in der Region, wie Altbüron oder die sogenannten Erlinsburgen oberhalb von Niederbipp, mit St.-Urban-Backsteinen beliefert. Der Handel mit diesen Backsteinen ist sogar bis in die Stadt Zürich belegt.

Die Herstellung von St.-Urban-Backsteinen
Aus den Bearbeitungsspuren, die bei der Untersuchung der Backsteine aus dem 13. Jahrhundert gefunden wurden, lässt sich ablesen, wie ein Rohling geformt wurde: Zuerst wurde ein starker Holzrahmen hergestellt, unter Berücksichtigung des Schwundmasses des trocknenden Lehms. Bevor man die Lehmballen hineinpresste und verstrich, wurden die Innenseiten des Rahmens gründlich gesandet. Der überschüssige Lehm wurde entweder mit den Fingern oder mit einem Brett abgestrichen. Dann wurde der Formrahmen abgezogen. Der gesamte Herstellungsprozess fand auf einem glatten Boden statt. Die Seiten wurden meist sorgfältig geglättet und die Sichtseite(n) mit Modeldrucken verziert. Anschliessend wurden die Tonplatten getrocknet und danach kontrolliert gebrannt.

Aufträge zum Tonplattenboden

  1. Im Burghof befindet sich ein moderner Bau, der über einem ganz besonderen Überrest der Burg steht: dem Tonplattenboden der Burgkapelle. Geht zu diesem Schutzbau und informiert euch zuerst einzeln über die bei den Ausgrabungen gefundenen und nun ausgestellten Gegenstände.
  2. Sucht die unten abgebildete Tonplatte in der Ausstellung. Was wird dargestellt?
  3. Betrachtet danach den Plattenboden mit dem Feldstecher: Findet ihr die Motive auf den Tonplatten?
  4. Sucht mit dem Feldstecher weitere Modelabdrücke.
  5. Zeichnet mit euren Fingern die Richtung der verlegten Model nach. Welches Muster könnt ihr erkennen?
Tonplattenboden der ehemaligen Burgkapelle. Dargestellt werden ein Herrschaftsadler, eine geflügelte Dämonin und ein Greif. Die drei figuralen Motive werden durch Flechtbandmedaillons eingefasst, die Zwickel sind stilisierte Blattranken. (CC-BY-SA Martin Furer)

Aufträge zu den Trittsiegeln und anderen Darstellungen
Sehr oft findet man Tonplatten und Dachziegel mit den Abdrücken von Tierfüssen, sogenannte Trittsiegel. Man nimmt heute an, dass dies eine magische Bedeutung hatte oder einfach ein herstellungstechnischer Zufall war.

  1. Sucht diese Platten in der Ausstellung. Welche Tiere haben hier ihre Spuren hinterlassen? Notiert euch eure Ideen.
  2. Sucht den unten abgebildeten, sehr reich verzierten Backstein und versucht, die rechte Darstellung zu deuten! Was könnte hier dargestellt sein?
  3. Ihr findet dort noch zwei Tiere. Welche?
  4. Zeichnet den Flechtbandknoten und den Fünfeckstern genau ab. Könnt ihr den Stern in einem Strich zeichnen?
Das Motiv der Darstellung heisst „der Wolf in der Schule“: Auf dem Bild sieht man von links nach rechts ein Lamm, einen Wolf und einen Lehrer in Mönchskutte. Die Schriftbezeichnungen benennen diese Figuren. Es ist unschwer zu erkennen, dass der Wolf dem Lamm deutlich mehr Aufmerksamkeit schenkt als dem Lehrer und dem offenen Buch. Er offenbart damit, dass es ein Irrtum ist, zu glauben, Bildung und Unterricht könnten den rohen Naturtrieb aufhalten. Zudem sind die magischen mittelalterlichen Zeichen des Salomonssiegels (Flechtband) und des Drudenfusses (Pentagramm) abgebildet, die als Zauberzeichen böse Geister fernhalten sollten. (CC-BY-SA Martin Furer)

Aufträge zu Fabelwesen und Flechtband

  1. Fabelwesen, wie die unten abgebildeten, findet man sehr oft. Sie stellen furchterregende Mischwesen aus Teilen von Vögeln, Löwen und Greifen dar. Diese Fabelwesen sollten das Böse von Räumen und den Menschen fernhalten. Zeichnet ein Fabelwesen genau ab: Beginnt mit seinem Umriss.
  2. Zeichnet danach die Rahmendekoration.
  3. Flechtband: Beginnt die Betrachtung an einer frei gewählten Stelle und folgt dem Band, indem ihr kontrolliert, ob es wirklich einmal oben- und einmal untendurch «gelegt» ist. Stimmt’s?
  4. Warum wurden diese Tonplatten so verziert? Warum haben die Mönche wohl die weiteren Backsteine nicht einfach flach gestrichen und so belassen? Besprecht und tauscht eure Meinungen mit den andern aus.
Solche Fabelwesen findet man sehr oft. Sie stellen furchterregende Mischwesen aus Teilen von Vögeln, Löwen und Greifen dar. Diese Fabelwesen sollten das Böse von Räumen und den Menschen fernhalten. (CC-BY-SA Martin Furer)
Diese Dekoration nennt man Flechtband. Sie ist so dargestellt, als würde ein geflochtenes Band auf der leichten Vertiefung liegen. (CC-BY-SA Martin Furer)

Fragen und Vermutungen

Welchem Zweck könnte die Anlage gedient haben? Wer hat sie gebaut? Welche Spezialisten (Handwerker) haben hier gewirkt? Woher stammen die Baumaterialien? Wie lange hat es wohl gedauert, bis die ganze Anlage erbaut war? Wie alt könnte die Anlage ungefähr sein? Scheint alles gleich alt zu sein?

Aufträge und Lernaktivitäten

  1. Überlegt euch Antworten auf die folgenden Fragen für das Klassengespräch:
    • Warum und wozu wurde diese Burg errichtet?
    • Warum an dieser Stelle?
    • Wer hat diese Burg gebaut?
    • Welche Spezialisten (Handwerker) brauchte es dazu? Schreibt diese auf.
    • Wer lebte in der Burg? Macht eine Liste.
    • Warum ist diese ganze Anlage heute eine Ruine?
    • Warum ist der Plattenboden wohl erhalten geblieben?
    • Was ist das Besondere an diesem Plattenboden?
    • Was macht ihn so kostbar?
    • Könnt ihr euch weitere Verzierungen in der Burg vorstellen, die heute nicht mehr vorhanden sind?
  2. Setzt euch jetzt mit den anderen Schülerinnen und Schülern zusammen und besprecht die gestellten Fragen.
  3. Legt eure Skizzen nebeneinander und vergleicht sie miteinander.

Fragen und Vermutungen

Wie kann die Anlage kulturgeografisch und zeitlich/geschichtlich verortet werden? Welche sozialen Bezüge sind mit dieser Anlage verbunden? Wie hat man sich die Anlage in ihrem Originalausbau vorzustellen?

Aufträge und Lernaktivitäten

  1. Sucht auf dem ausgelegten Zeitstrahl möglichst genau die Epoche, welche zu diesem archäologischen Fundort passen könnte. Welche Bauwerke, die ihr kennt, gehören auch in diese Epoche?
  2. Überlegt euch weiter:
    • Welche Menschen haben früher diesen besonderen Ort genutzt? Stellt in Stichworten alle speziellen Bewohnerinnen und Bewohner dieser Burg auf.
    • Welche Aufgaben hatten diese Leute auf der Burg zu erledigen?
    • Welche Tiere hat es auf der Burg wohl gegeben? Wofür brauchte man sie?
    • Wer versorgte die Bewohnerinnen und Bewohner der Burg mit Nahrung?

Anregungen für ein Klassengespräch

Warum und wozu wurde diese Burg errichtet?
Die Burg Grünenberg wurde hier erbaut, weil sie das Zentrum einer Herrschaft ist und strategisch richtig am wichtigen Durchgangsweg vom Napfbergland zum flacheren Aaretal liegt.
Der Melchnauer Schlossberg war im Mittelalter ein wichtiges Zentrum des Oberaargauer Adels und beherbergte einst sogar drei Burgen.
Grünenberg wurde von den Freiherren von Langenstein errichtet.
Die Burganlagen dienten der regional bedeutenden Adelsfamilie als Wohnsitz und wohl auch als Verwaltungszentrum.

Warum an dieser Stelle?
Die Burg wurde an einem gut ausgewählten Platz errichtet: Sie liegt als Schutz auf einem Hügel und dominierte das Dorf Melchnau. Die Burg hatte Repräsentationscharakter für die weltliche (adlige) Macht für die weite Umgebung und hob sich von den einfachen, ländlichen Holzbauten stark ab. Vergleichbar waren grössere, sakrale Bauten, welche die Macht der Kirche repräsentierten, so sicher das benachbarte Zisterzienserkloster St. Urban

Wer hat diese Burg gebaut?
Da die Errichtung einer solchen Anlage in der Planung und Durchführung der Bauarbeiten sehr anspruchsvoll war, bedurfte es verschiedener und erfahrener Fachleute: eines gut ausgebildeten Architekten/Baumeisters, des sogenannten magister operis, und eines professionellen Bautrupps, welcher Erfahrung im Errichten einer grossen und in der Gestaltung komplexen Burg hatte. Die Lage der Burgen auf dem Schlossberg bedeutete eine gefährliche, kräfte- und zeitraubende Arbeit.

Welche Spezialisten (Handwerker) brauchte es dazu?
Dazu gehörten ausgebildete Maurer, Steinmetze, Schmiede, Zimmerleute, Schindelmacher, Dachdecker, Plattenleger und Kalkbrenner. Weiter benötigte man viele Hilfskräfte aus der Gegend, welche das Baumaterial beschaffen mussten. Anzunehmen ist, dass die körperlich schwersten Arbeiten, insbesondere das Eintiefen der Burggräben in den Sandsteinfelsen und das Herbeischaffen der Bruch- und Geröllsteine, mithilfe von Ochsenkarren von ansässigen Männern erledigt wurden.
Ebenso bedurfte es einer beachtlichen Menge an Bauholz, welches in den umgebenden Wäldern geschlagen, gerüstet und auf den Schlosshügel hochgeschleift werden musste. Es diente als Bauholz für Gerüste, Lehrbögen für Gewölbekonstruktionen, für Holzdecken und für die verschiedenen Dachstühle, aber auch als Brennholz zum Brennen von Kalkmörtel am Fusse des Burghügels. Die Ziegel wurden wohl vom nahegelegenen Kloster St. Urban bezogen. Die Dächer der Nebengebäude waren mit genagelten Holzschindeln eingedeckt.
Für die Verpflegung der vielen Arbeitenden sorgten Köche und Mägde. Die Nahrungsmittel lieferten die Dörfer, welche zum Burgbesitz gehörten.

Wer lebte in der Burg?
Als Stammsitz des regional bedeutenden Adeligen lebte dieser sicher selber mit seiner Familie hier. Zur alltäglichen Versorgung der Burg gehörten Bedienstete wie Kammerzofen, Mägde für die Alltagsarbeiten, Knechte zum Pflegen der Pferde und Krieger zum Bewachen der Burg und zum Schutz der Adelsfamilie.

Warum ist diese Anlage heute eine Ruine?
Im 15. Jahrhundert gingen die Burgrechte der Grünenberger an den Staat Bern über. Während der kurzen bernischen Landvogteizeit wurde die Burganlage obsolet und brannte im 16. Jahrhundert ab, danach zerfiel sie nach und nach.

Warum ist der Plattenboden wohl erhalten geblieben?
Der Tonplattenboden ist unter dem Schutt, der beim Brand der Burg im 16. Jahrhundert entstand, geschützt worden und geriet so in Vergessenheit. Wäre er frei liegengeblieben, hätte man die ganzen Tonplatten abtransportiert und wiederverwendet.
Tonplatten wie Dachziegel sind sehr stabil und trotzen lange dem Zerfall.

Was ist das Besondere an diesem Plattenboden?
Das Besondere ist seine beachtliche Fläche, die Vielfalt der Verzierungen mit den St.-Urban-Modeln und seine Erhaltung am originalen Standort (in-situ).

Zahlreiche St.-Urban-Backsteine verschiedener Formate wurden übrigens bei oder nach der Zerstörung der Kapelle im Sodbrunnen entsorgt und Anfang der 1990er-Jahre ausgegraben. Vor Ort in der Kapelle zu sehen sind noch die gestempelten Backsteine des Eingangsportals.

Was macht ihn so kostbar?
Dass er so viele Jahrhunderte an originaler Stelle überdauert hat.
Weil es der einzige erhaltene Plattenboden dieser Art in der ganzen Schweiz ist!

Könnt ihr euch weitere Verzierungen in der Burg vorstellen, die heute nicht mehr vorhanden sind?
Zum Beispiel Malereien (Fresken) an den Wänden der Burgkapelle (Fragmente in der Vitrine ausgestellt), in besonderen Räumen der Adelsfamilie, am Torturm (Wappen von Grünenberg), geschnitzte Hölzer an Decken, Brüstungen, besonders verlegte Dachschindeln und Glasmalereien in der Kapelle.

Vertiefung im Schulzimmer

  • Poster: Die Schülerinnen und Schüler stellen in Gruppen Exkursionsposter zusammen. Es kann Zeichnungen, Pläne und Beschreibungen enthalten.
  • Exkursionsbericht: Die Schülerinnen und Schüler schreiben einen Bericht über ihre Erlebnisse und Erkenntnisse. Diesen können sie mit Skizzen und Fotos ergänzen.
  • Backstein/Tonplatte mit einer Modelverzierung selber herstellen: Die Schülerinnen und Schüler könnten im Werkunterricht einen eigenen, reliefverzierten Backstein oder eine Tonplatte herstellen. Dazu braucht es einen Holzrahmen, in den man Lehm satt eindrückt, an der Oberseite flachstreicht und danach aus dem Rahmen klatscht. Anschliessend wird das zuvor eingeölte Negativmodel eingedrückt und danach wieder abgenommen. Zur Verzierung des Lehmrohlings können Guetzlinegativformen verwendet werden. Das Brennen erfolgt nach einer genügend langen Trocknungszeit bei etwa 800°C in einem elektrischen Ofen oder in einem Rakku- oder Grubenbrand.
  • Modell einer Burg: Die Schülerinnen und Schüler könnten in Gruppen im Werkunterricht aus verschiedenen Materialien ein Modell der mittelalterlichen Burg von Grünenberg anhand der Rekonstruktionszeichnung herstellen. Das Modell kann danach in einem Sandkasten mit modelliertem Hügel eingepasst werden.

In der näheren Umgebung

Kirche Melchnau
Da der Zugang zum Schlossberg direkt bei der Kirche Melchnau vorbeiführt, ist ein kurzer Besuch der qualitätsvollen Kirchgruppe mit Kirche, Pfarrhaus und Pfarrscheune empfehlenswert.
In der Kirche finden sich ein schöner, spätgotischer Taufstein mit Blendmasswerken und ein reiches Ensemble von bernischen Stifterscheiben aus dem Ancien Régime.

Mitnehmen

  • Bleistift, Farbstifte, Radiergummi, Feldstecher, Notizpapier
  • Kartenausschnitt (ausgedruckt)
  • Fotoapparat oder Smartphone
  • Kompass, Messbänder, Klappmeter
  • Zeitstrahl

Bilder

Download

Anreise

Anreise mit dem öffentlichen Verkehr (Bus Nr. 51 ab Langenthal) bis Haltestelle «Melchnau, Oberdorf». Direkt hinter der nahe gelegenen Kirche beginnt der Wanderweg auf den Schlossberg mit den beiden Ruinen Grünenberg und Langenstein. Der Wanderweg ist relativ steil, dauert aber nur etwa 10 Minuten. (zum Fahrplan)


CC-BY-SA
Konzept: ADB und PHBern
Didaktische Überlegungen, Text: Martin Furer und Pascal Piller, PHBern
Wissenschaftliche Inhalte, Korrektorat: Andrea Lanzicher und Christine Felber, ADB
Titelbild: © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Philippe Joner

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